FOLLOW  |   THINGS TO DO

Doch wenn du jetzt stirbst, wer erzählt dann deine Geschichte?

Vielleicht ist es einfacher nachts zu schreiben, weil die Stimmen leiser sind. Keine fremden Gedanken hängen sich an meine Fersen, kein falsches Lachen entwischt meinem Mund. Nachts sind die Dinge klarer, nachts ist es schwieriger sich vor der Wahrheit zu verstecken, denn sie wird einen doch so oder so finden.
Vielleicht ist es nachts sogar einfacher all den schlimmen Dingen einen Namen zu geben, sie zu benennen und ihnen so ein Stück Wirklichkeit zu schenken. Nachts sind die Nerven nicht so gespannt, denn wer sieht mich denn schon wie meine Finger nun über die Tastatur huschen und diese leere Seite mit Worten füllen? Wer achtet denn schon auf mich, wer würde sich denn schon die Mühe machen und nachfragen, wenn die Luft voller schrecklicher Gespenster hängt, die nur darauf warten mit einem lauten Knall hervor zu brechen?
Vielleicht ist es nachts einfacher zu sterben, denn nachts sind die Geräusche verschwunden. Nachts höre ich keine fremden Geschichten, sehe nicht in die Gesichter der Menschen und versuche ihre Sorgen aufzudecken. Nachts bin ich allein, nachts sind meine Gedanken lauter als die Luft und die Angst wird für ein paar Momente von der Realität weg geschoben.
Vielleicht ist es nachts einfacher seine Geschichte aufzuschreiben, um sie im letzten Moment einem Menschen zu geben, einem geliebten oder fremden, einem der sich all die Gedanken durchliest und sie wahr nimmt. Einem, den man nicht vergessen wird, egal wie weit man auch weg sein mag, doch vielleicht auch einem, mit dem man nie ein Wort gewechselt hat und ihm nun nur diesen Brief in die Hand drückt, damit man nicht ungehört verschwindet.
Vielleicht ist vielleicht ein feiges Wort, denn vielleicht ist meine Geschichte hier noch nicht zu Ende. Vielleicht habe ich noch viel zu erzählen, von fremden Welten und dummen Gedanken, vielleicht ist das hier kein Abschied.
Und vielleicht ist es nachts einfacher, all das an fremde Augen zu schicken als mir meine auszustechen, weil ich mich selbst nicht mehr ertragen kann.

3 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Ich werde dir immer zuhören, für dich da sein, egal ob Tag oder Nacht. Einfach immer dann, wenn du es gerade brauchst. Versprochen.

mary hat gesagt…

Das ist ein wundervoller Text, Mirjam.
Bitte versprich mir, daran zu glauben, ,dass deine Geschichte noch nicht zu Ende ist. Ich weiß das. Bitte glaub daran

Anonym hat gesagt…

Vielleicht - darf ich hier einmal mehr sagen das du mich jedes mal in Staunen versetzt, wenn ich hier lese. Es geht alles so tief, das es selbst ich unsicher hinwanke, Angst den Halt zu verlieren. Und doch ist es so - wundervoll, irgendwie, weil es sehr selten ist. Deine Worte zeichnen Bilder die ich selten oder niemals so sah.
Danke dafür! =)