FOLLOW  |   THINGS TO DO

Wo die Liebe hinfällt, stürzen auch wir

Ich höre M fluchen, irgendwo weit weg von mir. Seine Worte kommen wie durch Watte in meinen Kopf, doch sie ergeben keinen Sinn. Ich schließe die Augen wieder und versuche die Schwärze zu mir zurück zu holen, sie flüstern anzulocken, wie ich es vorher auch getan habe.
Langsam dringend mehr Geräusche zu mir. Ein wütendes Schnaufen, M Stimme, doch da ist noch etwas anderes. Irgendwer japst, schnappt panisch nach Luft. Ich möchte mich umsehen, schauen, wer da so röchelt, doch meine Augen scheinen zugeklebt zu sein.
M Schreit mich an, doch dieses Mal klingt er anders. Er klingt verzweifelt, panisch irgendwie.
"Scheiße, mach die Augen auf."
Ich versuche seinem Befehl Folge zu leisten und nach ein paar Versuchen gelingt es mir, auch wenn ich die Bilder nur verschwommen wahr nehme.
"Du bist wieder da. Lass die Augen offen, sieh mich an. Ja, so ist gut, schau mich an." Ich sehe M an und überlege, ob er weint. Aber M weint nie, das kann nicht sein. Trotzdem tropft etwas von seinem Gesicht. Vielleicht ist er gerannt und hat geschwitzt. Wo kommt er überhaupt her, ich habe ihm gar nicht die Tür geöffnet. Wieso sieht er mich so verzweifelt an, habe ich irgendwas falsch gemacht? Vielleicht geht es ihm nicht gut, vielleicht ist etwas schlimmes passiert.
Er nimmt meinen Kopf auf seinen Schoß und streicht mir die Haare aus dem Gesicht. Sie sind feucht. Viel mehr wundert mich allerdings Ms Verhalten. Wieso ist er so nett zu mir? Ich blinzel zweimal um auch sicher zu gehen, dass das wirklich M ist, doch er ist es.
Etwas tropft auf mein Gesicht. M weint, er weint wirklich. Nicht wirklich viel, aber er weint. Ich habe ihn noch nie weinen gesehen, in der ganzen Zeit nicht. Vorsichtig hebe ich die Hand und streiche ihm über die Wange. In dem Moment sind wir das Pärchen, was ich immer sein wollte. Ich wünsche mir so sehr, dass die Zeit stehen bleibt, genau jetzt.
Er sieht mich an und in seinen Augen sehe ich das erste Mal Angst. Blanke, nackte Angst. Ich möchte ihn fragen wovor er solche Angst hat, was denn passiert ist, doch mein Mund ist staubtrocken. Erst jetzt merke ich, dass meine Hände eiskalt sind und ich zitter. Mein ganzer Körper ist taub, ich kann ihn kaum spüren. Es fühlt sich an als würde ich schweben, als würde mein Körper nicht zu mir gehören, als wäre ich von ihm getrennt.
"Du... Wieso... Was hast du dir dabei gedacht?"
M spuckt mir seine ganze Verzweiflung ins Gesicht, all die Angst bricht nun mit den paar Worten heraus. Doch ich hab keine Ahnung wovon er spricht. Was habe ich mir wobei gedacht? Ich sehe ihn ratlos an während mein Gehirn fieberhaft nach dem Grund sucht, weshalb wir hier sind.
"Was soll denn die Scheiße?"
M fuchtelt mit etwas vor meinem Gesicht rum, was wie ein Schleier aussieht. Beim zweiten hinsehen entpuppt sich das Ding als Schal, mein weißer Schal.
Und plötzlich erschlagen mich die Bilder. Wie ich den Schal aus meiner Schublade hole. Ihn mir umbinde. Und ein wenig fester ziehe, nur um den Kick zu spüren. Wie ich ihn fest zu schnüre. Wie sich seine Fransen verknoten und ich ihn noch ein letztes Stück fester ziehe, um zu verschwinden. Um einfach weg zu sein, um vor mir und der Welt zu fliehen. Die Bilder stürzen weiter. Mein eigener Atem, der da so rasselt. Der Schnitt, knapp über der Pulsader, nur um sicher zu gehen. Der Frust, den ich ich grade noch runter schlucke, dass der Schnitt nicht tief genug war. Der Schnee, der sich langsam vor meinen Augen ausgebreitet hat. Und mein Einverständnis damit, jetzt gehen zu können.
"Wie...?"
Mehr bringe ich nicht raus, bevor ich hektisch wieder nach Luft schnappe.
"Du hast doch deinen Schlüssel bei mir gelassen, also dacht ich, ich bring ihn dir vorbei. Hab ja nicht ahnen können, dass du hier so eine Scheiße abziehst. Man, scheiße, was hast du dir dabei gedacht? Ist das alles nur ein Spaß für dich? Du wärst fast verreckt, man."
Er flucht, stammelt die Worte. Ich habe ihn noch nie so außer Fassung gesehen.
Plötzlich überfällt mich eine solche Erschöpfung, dass ich die Augen wieder schließe. Ich höre noch ein paar Sekunden, wie M weiter vor sich hin blubbert, dann werde ich wieder ohnmächtig.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das ist Fiktion, Magdalena, oder? Bitte sag es.

valhalla hat gesagt…

geh nicht, bitte. du bist wichtig.